Der neue Roman von Siri Hustvedt kann nicht an ihren besonderen Roman "Was ich liebte" anknüpfen, auch wenn es ein "sehr persönliches Buch" geworden ist, wie zahlreiche Kritiker schreiben.
In diesem Familienroman packt sie sehr viel autobiographisches Material, ganze Tagebücheraufzeichnungen ihres norwegischen Vaters, der 2003 starb, wurden verwendet und fügen sich wunderbar in die Geschichte ein.
Siri Hustvedt erzählt in der Ich-Perspektive über den New Yorker Psychiater Erik. Er berichtet darüber, dass sein Vater Lars vor kurzem gestorben ist und rollt nach und nach dessen Leben als norwegischer Einwanderer auf.
Der Roman beginnt mit dem Satz: Meine Schwester nannte es "das Jahr der Geheimnisse", aber wenn ich jetzt zurückblicke, erkenne ich: Das Wichtige war nicht, was da war, sondern was nicht da war. Eine meiner Patientinnen meinte einmal: "In mir wandern Geister herum, aber sie reden nicht immer. Manchmal haben sie nichts zu sagen."
Geheimnisse des Vaters werden im Lauf des Romans gelöst, neue der anderen Protagonisten tauchen auf. Dominierend erscheint die Einsamkeit der Figuren. Erik ist geschieden und arbeitet viel, um sich vor dem Alleinsein zu drücken. Als eine neue Mieterin mit ihrer fünfjährigen Tochter in sein Haus einzieht verliebt er sich in sie, besonders die kleine Tochter schließt ihn in ihr Herz. Eriks Schwester Inga, wird von einer Journalistin verfolgt, die sie mit pikanten Informationen über ihren verstorbenen Ehemann, den erfolgreichen Schriftsteller Max Blaustein, erpressen will und ihre Tochter hat am 11. September Dinge gesehen, über die sie nicht spricht, die sie aber in ihren Träumen quälen. Alle Figuren sind gezeichnet durch Verlust und Einsamkeit, dabei aber sehr präsent beschrieben.
Viele Kritiker loben, dass Hustvedt mit diesem Roman "eine nachdenkliche Gesellschaftsanalyse der Jahre nach dem 11. September" gelungen sei, dem kann ich nicht zustimmen. Geprägt vom 11. September ist lediglich Eriks Nichte Sonia, das Leben der anderen ist lediglich genauso einsam wie zuvor.
Der Roman hinterlässt einen grünen Geschmack der Einsamkeit, sicherlich beabsichtigt und deshalb gut, aber an grauen Herbsttagen vielleicht nicht das, was man braucht, um sich auf den Winter vorzubereiten.
Andere Meinungen
ludvica - 30. Okt, 09:19